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Aus dem Leben
Die nationalsozialistische Verfolgung
Homosexueller in Wien 1938-45

Es wurde bereits einiges an Aufklärungsarbeit über den Nationalsozialismus in Österreich geleistet. Manche Opfergruppen, vor allem Angehörige von Gesellschaftssegmenten die einer Mehrheit bis heute nicht völlig akzeptabel erscheinen, werden bei dieser Variante der Vergangenheitsbewältigung immer noch gerne ausgespart, dazu gehört auch die Geschichte der Homosexuellen im Nationalsozialismus.

Homosexuelle waren sowohl auf der Täterseite wie auch auf der Opferseite zu finden. All jene Täter freilich, deren Homosexualität bekannt wurde, fanden sich schnell in der Opferrolle wieder. Dokumente über den Ausschluß aus der NSDAP wegen »Unzucht wider die Natur« sind keine Seltenheit. Ebenso gingen die nationalsozialistischen Gesetzgeber auf dieses Problem ein, indem sie höhere Strafen für homosexuelle Parteimitglieder in bedeutenden Funktionen festschrieben.

Mehrheitlich freilich ist die Geschichte homosexueller Männer und Frauen im Nationalsozialismus eine Geschichte der Opfer. Die Verfolgung in Österreich funktionierte zu einem Teil genau wie vor und auch nach der nationalsozialistischen Herrschaft. Der § 129 I b, der »Unzucht mit Menschen desselben Geschlechtes« unter Strafe stellte, besaß ununter-brochene Gültigkeit zwischen 1852 und 1971 – lediglich das Strafausmaß und die Häufigkeit der Verurteilungen schnellten unter den nationalsozialistischen Gerichten empor.

Im Rahmen der Gerichtsverhandlungen wurden die intimsten Details aus dem Leben der Verfolgten, die vorher in akribischer Arbeit von Polizei und Denunzianten erschnüffelt wurden, bloßgestellt. Ein grausamer Voyeurismus der Verfolger wollte jedes Detail vor der gierigen Öffentlicheit ausgesprochen wissen.

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